Bürgerbegehren sind ein Mittel der direkten Demokratie in Bayern. Sie ermöglichen es den Wählern, anstelle des Gemeinderats Entscheidungen selbst zu treffen. Insoweit handelt es sich um den „kleinen Bruder“ des auf Landesebene angesiedelten Volksbegehrens.
Der Charme eines Bürgerbegehrens ist, dass die Hürde nicht ganz so hoch sind wie bei einem Volksbegehren. Darum sind häufig auch Bürgerbegehren, die nicht von Parteien oder einflussreichen Verbänden unterstützt werden, erfolgreich. Freilich drehen sie sich meist um lokal sehr begrenzte und über den Einzelfall hinaus kaum verallgemeinerbare Themen.
Bevor wir die formellen und materiellen Voraussetzungen eines Bürgerbegehrens darstellen, gehen wir zunächst auf den Ablauf dieses Instrumentariums ein.
Bürgerbegehren und -entscheid sollen Gemeinderatsbeschluss ersetzen
Ziel des Bürgerbegehrens ist die Durchführung eines Bürgerentscheids, der einer Beschlussfassung durch den Gemeinderat entspricht. Das Begehrens ist also nur die Antragstellung, die gewisse Hürden (insb. das Vorliegen von Unterstützungsunterschriften aus der Bevölkerung) überwinden muss, bevor es überhaupt zur Abstimmung kommt. Dass diese Hürden überwunden sind, stellt der Gemeinderat selbst durch Zulassungsbeschluss fest.
Vor Beginn des Bürgerbegehrens sind freilich zuerst gewisse Vorbereitungen notwendig. Und nach erfolgreicher Durchführung des Bürgerentscheids bedarf der Beschluss noch der Vollziehung.
Man kann also im Wesentlichen fünf Schritte chronologisch unterscheiden:
- Vorbereitung des Bürgerbegehrens
- Durchführung des Bürgerbegehrens
- Zulassungsbeschluss
- Durchführung des Bürgerentscheids
- Vollziehung des Beschlusses
Rein tatsächlich bestehen diese Schritte aus folgenden Handlungen:
Vorbereitung des Bürgerbegehrens
Die Vorbereitung eines Bürgerbegehrens besteht in erster Linie darin, die Abstimmungsfrage zu formulieren und eine Begründung für diese zu entwerfen. Auch die Benennung der Vertreter muss hier erfolgen. Dabei handelt es sich aber nicht etwa um formelle Beschlüsse seitens der Unterstützer des Bürgerbegehrens. All dies muss vielmehr nur auf den Unterschriftenlisten festgehalten werden – wie es dort hingelangt ist, durch demokratische Abstimmung oder durch Beschluss eines einzelnen Aktivisten, ist dagegen egal.
Durchführung des Bürgerbegehrens
Das Bürgerbegehren an sich ist die Durchführung der Unterschriftensammlung. Unterschreiben darf jeder in der Gemeinde Wahlberechtigte, also deutsche Staatsangehörige und EU-Bürger mit dem Schwerpunkt ihrer Lebensbeziehungen (in der Regel: Hauptwohnsitz) in der Gemeinde.
Zulassungsbeschluss
Der Zulassungsbeschluss wird durch den Gemeinderat innerhalb eines Monats nach Einreichungvorgenommen. Dabei werden die formellen und materiellen Voraussetzungen für ein Bürgerbegehren geprüft. Die Entscheidung kann auf Zulassung oder Ablehnung lauten; hierfür sind jedoch nur Rechtsgründe heranzuziehen, der Gemeinderat kann also nicht etwa die Zulassung ablehnen, weil er das Bürgerbegehren für sachlich falsch hält. Allerdings kann der Gemeinderat den Inhalt des Bürgerbegehrens auch gleich selbst umsetzen, ein Bürgerentscheid entfällt dann.
Durchführung des Bürgerentscheids
Wurde das Bürgerbegehren zugelassen und dessen Inhalt nicht durch den Gemeinderat selbst umgesetzt, kommt es zum Bürgerentscheid innerhalb von drei Monaten nach dem Zulassungsbeschluss. Hier entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Die Ja-Stimmen müssen jedoch 20 % (bei Gemeinden über 50.000 Einwohner: 15 %; bei Gemeinden über 100.000 Einwohner: 10 %) der Stimmberechtigten ausmachen.
Bsp. 1: 5000 Stimmberechtigte, 900 Ja, 500 Nein – Ablehnung, da die Ja-Stimmen unter 20 % der Stimmberechtigten (1000) liegen.
Bsp. 2: 5000 Stimmberechtigte, 1500 Ja, 1700 Nein – Ablehnung, da mehr Nein- als Ja-Stimmen. Erreichung des 20-%-Quorums ist dann unerheblich.
Bsp. 3: 120.000 Stimmberechtigte, 21.000 Ja, 20.000 Nein – Zustimmung, da mehr Ja- als Nein-Stimmen, Quorum liegt bei 15 % (18.000).
Vollziehung des Beschlusses
Der Beschluss des Bürgerentscheids steht einem Gemeinderatsbeschluss gleich. Daher muss er durch den ersten Bürgermeister vollzogen werden (Art. 36 GO). Dieser hat also keine Möglichkeit, diesen Beschluss einfach zu ignorieren. Bei einer Weigerung des ersten Bürgermeisters kann sich der Bürger an die Rechtsaufsicht beim Landratsamt wenden, die den Bürgermeister zunächst zum Tätigwerden auffordert (Art. 112 Satz 2 GO) und dann ggf. selbst tätig wird (Art. 113 GO).
Im Übrigen darf die Entscheidung der Bürger innerhalb des folgenden Jahres nicht durch einen Gemeinderatsbeschluss aufgehoben werden.