Bürger und Gemeinde

(Letzte Aktualisierung: 23.10.2022)

Dieser Abschnitt soll das Verhältnis zwischen den Bürgern und den kommunalen Ebenen darstellen und die grundlegenden Begriffe des bayerischen Kommunalrechts erläutern.

Grundbegriffe

Was sind Gemeinden, Märkte und Städte?

Städte sind Gemeinden mit einer städte-typischen Siedlungsstruktur.
Städte sind Gemeinden mit einer städte-typischen Siedlungsstruktur.
„Gemeinde“ ist der Oberbegriff für sämtliche selbstständigen Gemeinden in Bayern.

Die Bezeichnung „Markt“ und „Stadt“ können an Gemeinden verliehen werden, die „nach Einwohnerzahl, Siedlungsform und wirtschaftlichen Verhältnissen der Bezeichnung entsprechen“ (Art. 3 Abs. 2 GO). Auch Märkte und Städte sind trotzdem noch Gemeinden und damit Teil eines Landkreises.

Städte können zudem als Große Kreisstadt bezeichnet werden. Dabei handelt es sich um größere Städte, die aber besonders leistungsfähig sind und daher besondere Befugnisse erhalten.

Kreisfreie Städte hingegen sind nicht mehr Teil eines Landkreises, sondern eben „kreisfrei“. Sie übernehmen gleichzeitig die Aufgaben des Landkreises und der Gemeinde.

Was sind Forensen?

Forensen sind Personen, die keine Gemeindeeinwohner sind, dort aber spezifische Interessen haben. Dies sind die Eigentümer von Grundstücken sowie die Betreiber von Gewerben in der Gemeinde. Diese haben (nur) insoweit gleiche Rechte wie Gemeindeeinwohner, Art. 21 Abs. 3 GO.

Was sind Gemeindebürger?

Gemeindebürger sind alle Gemeindeeinwohner, die wahlberechtigt sind, Art. 15 Abs. 2 GO. Das Wahlrecht ergibt sich aus Art. 1 Abs. 1 GLKrWG und ist an dreimonatigen Wohnsitz im Gemeindegebiet geknüpft.

Was sind Gemeindeeinwohner?

Einwohner einer Gemeinde sind alle Personen, die im Gemeindegebiet wohnen, Art. 15 Abs. 1 GO.

Wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde

Kann ein Konkurrent gegen wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde klagen?

Ja, allerdings vermittelt Art. 87 Abs. 1 GO keine Klagebefugnis. Diese ist nur aus Art. 12 und 14 GG i.V.m. dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gegeben.

Allerdings besteht ein Abwehranspruch nur, wenn die Konkurrenz über den allgemeinen Marktdruck hinausgeht und eine unerträgliche Konkurrenzsituation entsteht, die die Wettbewerbsmöglichkeiten des Privaten unzumutbar einschränkt.

Was ist das Verwaltungsprivatrecht?

Nach den Grundsätzen des Verwaltungsprivatrechts ist die Verwaltung auch dann an die Grundrechte gebunden, wenn formal das Privatrecht gewählt wurde. Der Staat soll nicht vor grundrechtlichen Bindungen in dieses fliehen können.

Gemeindliche Einrichtungen

Worauf gründet sich ein Hausverbot in einer gemeindlichen Einrichtung?

Dies kommt darauf an, sowohl privatrechtliche Besitz- und Eigentumsverhältnisse als auch die öffentlich-rechtliche Anstaltsgewalt sind mögliche Ansatzpunkte. Entscheidend ist die Zuordnung des primären Zwecks des Besuchs, der verboten werden soll.

Gibt es einen Anspruch auf Fortführung bestehender oder Schaffung neuer gemeindlicher Einrichtungen?

Nein, beides liegt im Ermessen der Gemeinde. Eine Ausnahme kann lediglich dann bestehen, wenn eine bestimmte Einrichtung zum Schutz eines von einem Grundrecht erfassten Freiraums notwendig ist.

Wann darf eine Satzung erlassen werden?

Art. 23 GO gewährt eine allgemeine Satzungsbefugnis für die Gemeinden. Soweit jedoch in Grundrechte eingegriffen wird, ist aufgrund des Gesetzesvorbehalts eine besondere gesetzliche Ermächtigung erforderlich, die allgemeine Satzungsbefugnis ist insoweit keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage.

Was ist die Benutzungsform einer gemeindlichen Einrichtung?

Die Benutzungsform bezeichnet die Ausgestaltung des Nutzungsverhältnisses zwischen der Einrichtung und den einzelnen Benutzern. In Frage kommen:

privatrechtliche AGB
öffentlich-rechtliche Satzung (bei öffentlich-rechtlicher Organisationsform)

Was ist die Organisationsform einer gemeindlichen Einrichtung?

Die Organisationsform gibt die äußerlich-rechtliche Gestalt eines öffentlichen Einrichtung an. Dabei besteht grundsätzlich ein Wahlrecht zwischen verschiedenen Organisationsformen. In Frage kommen:

Eigenbetrieb (Art. 88 GO)
GmbH (Art. 92 BO)
Kommunalunternehmen des öffentlichen Rechts (Art. 99 GO)

Wie wird festgestellt, welche Rechtsbeziehung im Einzelfall vorliegt?

Dies ist unter Berücksichtigung aller Umstände festzulegen. Indizien sind insbesondere die Frage, ob das Rechtsverhältnis durch Satzung oder Vertrag begründet wurde. Die Vermutung spricht im Zweifel für ein öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis.

Wie sind mehrere kollidierende Zulassungsbegehren zu einer öffentlichen Einrichtung zu entscheiden?

Wollen bspw. mehrere Vereine eine gemeindliche Halle jeweils im Rahmen des Widmungszwecks am gleichen Tag nutzen, stellt sich die Frage nach dem Vorrang. Dieser kann in der Widmungssatzung, dem Beschluss oder der bisherigen Verwaltungspraxis geregelt sein. Ansonsten wird in der Regel das Prioritätsprinzip anzuwenden sein: Wer den Antrag zuerst gestellt hat, hat Vorrang.

Kann einer vom Widmungszweck umfassten Veranstaltung entgegengehalten werden, dass es derartige Veranstaltungen bisher noch nicht gab?

Nein, es reicht grundsätzlich dafür aus, dass die Veranstaltung vom Widmungszweck der Einrichtung umfasst ist. Damit ist sie als zulässig anzusehen.

Nur, wenn mangels formeller Widmung auf die Vergabepraxis abzustellen wäre, könnte und müsste man subsidiär auf die bisherigen Veranstaltungen zurückgreifen.

Wie kann eine Widmung geändert werden?

Ist (siehe oben) ein formaler Rechtssetzungsakt erfolgt, dann muss dieser aufgehoben/geändert werden.

Bei konkludenter Widmung muss eine nach außen kenntlich gemachte Änderung der Vergabepraxis erfolgen. Die Verwaltung muss also willentlich ab einem bestimmten Zeitpunkt von der bisherigen Praxis abweichen und sich dazu entschließen, künftig nur noch bestimmte Zwecke zuzulassen.

Äußerst strittig ist insoweit, ob die ersten früher zulässigen und nunmehr unzulässigen Nutzungen auch bereits mit Hinweis auf die geänderte Praxis abgelehnt werden können. Diesen kann jedenfalls keine konkludente Widmung entgegengehalten werden, da eben noch keine Abweichung von der bisherigen Vergabepraxis erkennbar geworden ist.

Wie kann eine Widmung erfolgen?

Häufig wird eine Widmung durch Satzungserlass oder durch förmliche Beschlussfassung über eine Hausordnung o.ä. vorgenommen.

Dies ist aber nicht zwingend. Die Widmung kann auch konkludent erfolgen, indem die Verwaltung in ihrer Vergabepraxis eine gewisse Regelmäßigkeit erkennen lässt.

Was ist eine Widmung?

Die Widmung ist die Zweckbestimmung einer öffentlichen Einrichtung. Sie legt bspw. fest, wer diese Einrichtung zu welchem Ziel benutzen darf.

Beispiel: Gemeindehalle darf durch Sport- und Geselligkeitsvereine, aber nicht durch Parteien genutzt werden.

Rechtssetzung der Gemeinde

Wie müssen gemeindliche Satzungen bekanntgemacht werden?

Die Bekanntgabemedien sind gemäß Art. 26 Abs. 2 GemO:

  • Satz 1, erster Halbsatz: Amtsblatt der Gemeinde
  • Satz 1, zweiter Halbsatz: wenn es kein gemeindliches Amtsblatt gibt, dann das Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft (wenn die Gemeinde einer VG angehört)
  • Satz 2: wenn es kein Amtsblatt der Gemeinde oder VG gibt, dann

    Amtsblatt des Landkreises
    Amtsblatt des Landratsamts
    regelmäßig erscheinende Druckwerke
    Niederlegung in der Gemeindeverwaltung und Mitteilung an gemeindlichen Anschlagstafeln
    Niederlegung in der Gemeindeverwaltung und Mitteilung in einer Tageszeitung
    Die verschiedenen Möglichkeiten des Satzes 2 können nach freiem Ermessen verwendet werden, hier gibt es keine Reihenfolge.

  • Kann sich der Bürger darauf berufen, dass er Aushänge an Gemeindetafeln nicht wahrnehmen konnte?

    Eher formelle Pflicht als wirkliches Informationsmedium. Der Aushang an einem bayerischen Rathaus.
    Eher formelle Pflicht als wirkliches Informationsmedium. Der Aushang an einem bayerischen Rathaus.
    Nein, ein ordnungsgemäß erfolgter Aushang ist für eine Bekanntmachung grundsätzlich ausreichend. Der Bürger muss die Tafeln entsprechend regelmäßig aufsuchen (auch, wenn diese in einer gewissen Entfernung liegen) und ggf. andere Personen beauftragen, ihn zu informieren.

    Ein Anspruch bspw. auf Aufnahme der Aushänge auf die Internetseite oder auf einen Hinweis darauf, dass ein bedeutender Aushang an der Tafel erfolgt ist, besteht grundsätzlich nicht.

    Sonstiges

    Wann sind Hand- und Spanndienste zulässig?

    Diese sind nur zulässig, wenn sie herkömmlich sind und allgemein und gleich geleistet werden müssen.