(Letzte Aktualisierung: 19.01.2024)
Eine bayerische Gemeinde kann grundsätzlich alle Aufgaben in eigener Verantwortung erledigen. Wenn sie bspw. einen kommunalen Sportplatz anlegt, stellt jede Entscheidung über die Gestaltung und später über die Instandhaltung, die Vergabe von Trainingszeiten usw. eine gemeindliche Entscheidung dar, die von der Gemeindeverwaltung und ggf. auch vom Gemeinderat abgesegnet werden muss.
Um diese komplizierte Form der Entscheidungsfindung zu umgehen, kann die Gemeinde solchen Unternehmungen auch außerhalb der allgemeinen gemeindlichen Verwaltung betreiben. Art. 86 GO sieht dabei folgende Organisationsformen vor:
- Eigenbetrieb (Nr. 1)
- selbstständiges Kommunalunternehmen des öffentlichen Rechts (Nr. 2)
- Unternehmen in der Rechtsform des Privatrechts (Nr. 3)
Die verschiedenen Organisationsformen unterscheiden sich dabei nach dem Grad der Selbständigkeit der Unternehmen.
Primär verfolgt die Gemeinde mit der Einrichtung eines der benannten Unternehmen den Zweck, ihre öffentlichen Aufgaben zu erfüllen. Das Kommunalunternehmen hat sich in der Vergangenheit insbesondere im Bereich der Daseinsfürsorge etabliert.
Allgemeines
Welche Kommunalunternehmen gibt es?
Als Kommunalunternehmen können bspw. folgende Einrichtungen betrieben werde:
- Abfallwirtschaftsbetriebe, Müllabfuhr, Wertstoffhöfe
- Wasserversorgung, Abwasserentsorgung
- Sparkassen
- Wohnbaugesellschaften
- Straßen- und Anlagenbau inkl. Instandsetzung („Bauhof“)
- Sportplätze, Schwimmbäder, Eishallen
- Veranstaltungshallen, Seminarräume
- Museen, Theater, Bibliotheken
- Jugendtreffs
- Sozialdienste, Altenheime
Wo stehen die Regelungen über Kommunalunternehmen in der Gemeindeordnung?
In Bayern finden sich die Vorschriften hinsichtlich kommunaler Unternehmen in Art. 89 bis 91 GO.
Sämtliche Gemeindeordnungen der Länder enthalten im Rahmen der Vorschriften über die Gemeindewirtschaft einen eigenen Abschnitt über wirtschaftliche Betätigung sowie privatrechtliche Beteiligung.
Die Länder gestalten den Rechtsrahmen der Kommunalunternehmen in ihrer jeweiligen Gemeindeordnung unterschiedlich.
Wie wird ein Kommunalunternehmen gegründet?
Gem. Art. 89 Abs. 1 S. 1 GO kann ein Kommunalunternehmen entweder durch die „Neu“-Errichtung eines Unternehmens mit neuen Aufgaben oder aber durch die Umwandlung eines bestehenden Regie- oder Eigenbetriebs oder einer Kapitalgesellschaft geschehen.
Die Gemeinde gründet ein Kommunalunternehmen, indem der Gemeinderat die Unternehmenssatzung (Art. 89 Abs. 3 GO) erlässt. Das Unternehmen entsteht am Tag nach deren Bekanntmachung, sofern in der Satzung nicht ein späterer Zeitpunkt bestimmt ist.
Der Gemeinderat normiert in seiner Unternehmenssatzung insbesondere die Rechtsverhältnisse des Kommunalunternehmens.
Darf sich die Gemeinde auch unternehmerisch betätigen?
Ja, die Gemeinde ist nicht auf den hoheitlichen oder sozialen Bereich beschränkt.
Auch die unternehmerische Tätigkeit der Gemeinde zählt zum Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG (BVerfGE 26, 228).
Öffentlich-rechtliche Kommunalunternehmen (Art. 86 Nr. 2 GO)
Welcher Rechtsnatur ist das Kommunalunternehmen zuzuordnen?
Das Kommunalunternehmen ist eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts.
Als selbstständige Verwaltungseinheit können kommunale Unternehmen ausschließlich durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geschaffen werden. Die Gemeinde errichtet folglich ein Unternehmen, welches eine von ihr getrennte Rechtspersönlichkeit besitzt.
Sie werden von einer öffentlich-rechtlichen Errichtungskörperschaft zu einem bestimmten Nutzungszweck gebildet und mit eigener Rechtsfähigkeit ausgestattet. Regelmäßig sind Errichtungskörperschaft sowie Anstaltsträger identisch; Letzterer haftet für die Anstalt weshalb er auch als Gewährträger bezeichnet wird. Jedoch ist das Kommunalunternehmen nicht insolvenzfähig. Die Beteiligung Privater ist über ein Tochterunternehmen möglich.
Schließlich unterliegt das Kommunalunternehmen als Anstalt des öffentlichen Rechts der Rechtsaufsicht (Art. 91 Abs. 3 GO).
Was sind die Aufgaben des Kommunalunternehmens?
Die Gemeinde kann dem Kommunalunternehmen einzelne oder alle mit einem bestimmten Zweck zusammenhängende Aufgaben ganz oder teilweise übertragen (Art. 89 Abs. 2 GO); insbesondere kann der Aufgabenbereich des Kommunalunternehmens flexibel den örtlichen Gegebenheiten sowie den Vorstellungen der Gemeinde angepasst werden. Übertragungsfähig sind sowohl freiwillige und Pflichtaufgaben der Gemeinde sowie Aufgaben des eigenen und übertragenen Wirkungsbereiches. Art. 87 GO normiert die „Eignung“ der Aufgabe sowie die übrigen Voraussetzungen.
Das Kommunalunternehmen ist gleichermaßen für gemeinnützige Aufgaben, kostenrechnende Einrichtungen und ertragsorientierte Betriebe geeignet.
Beispiel: Es ist Aufgabe der Gemeinde sich um die Abwasserbeseitigung zu kümmern. Zur Verfolgung dieses öffentlichen Zwecks bedienen sich zahlreiche Gemeinden des Freistaats eines Kommunalunternehmens.
Welche Befugnisse besitzt das Kommunalunternehmen?
Zwar regelt Art. 89 Abs. 2 GO die Übertragung von Befugnissen zu Einzeleingriffen nicht ausdrücklich. Jedoch handelt es sich in Art. 89 Abs. 2 GO um einen umfassenden Begriff der Aufgabenübertragung, sodass die Möglichkeit dem Begriff selbst zu entnehmen ist.
Die hier genannten „Aufgaben“ umfassen das Recht und die Pflicht, bestimmte Angelegenheiten zu erledigen und die dafür notwendigen Mittel – auch die durch bestimmte Regelungen vorgesehenen Befugnisse – zur Aufgabenerfüllung einzusetzen. Schließlich legt die Unternehmenssatzung fest, ob und in welchem Umfang Befugnisse zu Einzeleingriffen auf das Kommunalunternehmen übergehen. Fehlen Festlegungen dergleichen, ist im Zweifel anzunehmen, dass auch die zur Erfüllung der übertragenen Aufgabe notwendigen Befugnisse übergehen.
Beispiel: Überträgt die Gemeinde dem Kommunalunternehmen zusammen mit der Aufgabe der Abwasserentsorgung auch das Satzungsrecht zur Gestaltung des Benutzungsverhältnisses sowie zur Regelung der Kommunalaufgaben, wird damit im Zweifel – auch ohne besondere Erwähnung in der Unternehmenssatzung – die Befugnis zu entsprechenden Einzeleingriffen verbunden werden.
Demgegenüber muss das Kommunalunternehmen zum Erlass von Satzungen und Verordnungen ausdrücklich ermächtigt werden (Art. 89 Abs. 2 S. 3 GO).
Was muss der Gemeinderat in der Unternehmenssatzung regeln?
Die konkreten Rechtsverhältnisse des Kommunalunternehmens regelt die Gemeinde im Einzelnen durch eine entsprechenden Unternehmenssatzung. Der Gemeinderat bleibt stehts für Änderungen zuständig. Die Kompetenz der Unternehmensverfassung geht also im Gegensatz zu der GmbH oder der AG nicht auf ein Unternehmensorgan über. Zu unterscheiden ist zwischen dem sog. „Muss“-Inhalt sowie dem „Kann“-Inhalt.
Die Unternehmenssatzung muss folgende Punkte enthalten:
- Name des Unternehmens (Art. 89 Abs. 2 S. 3 GO)
- Aufgaben (Unternehmensgegenstand; Art. 89 Abs. 2 S. 3 GO)
- Anzahl der Mitglieder des Vorstands (Art. 89 Abs. 3 S. 2 GO)
- Abberufung des Vorstands aus wichtigem Grund
- Anzahl der Mitglieder des Verwaltungsrats
- Bestimmungen über die Geschäftsordnung des Verwaltungsrats und des Vorstands
Hinsichtlich des Geschäftsgangs des Verwaltungsrats und des Vorstands kann die Gemeinde nach eigenem Ermessen entscheiden, in welchem Umfang sie diesen selbst bestimmen möchte. Ausreichend ist, wenn die Gemeinde Verwaltungsrat und Vorstand in der Unternehmenssatzung verpflichtet, sich selbst eine Geschäftsordnung zu geben.
Ferner kann der Gemeinderat in der Unternehmenssatzung etwa folgendes regeln:
- die Übertragung des Satzungs- sowie Verordnungsrechts (Art. 89 Abs. 2 S. 3 GO)
- zusätzliche Einwirkungs- und Informationsrechte des Verwaltungsrats gegenüber dem Vorstand (Art. 90 Abs. 1 S. 1 GO)
- zusätzliche Weisungsrechte des Gemeinderats gegenüber dem Vorstand (Art. 90 Abs. 1 S. 5 GO)
Was ist ein „fehlerhaftes“ Kommunalunternehmen?
Die Gründung eines Kommunalunternehmens oder die spätere Änderung der Unternehmenssatzung können sowohl formelle als auch materielle Fehler aufweisen. Ein Mangel in materieller Hinsicht kann etwa dann vorliegen, wenn die Unternehmenssatzung nicht den vorgeschriebenen Mindestinhalt (Art. 89 Abs. 3 S. 1 GO) aufweist oder bei Verstößen gegen Art. 87 GO. Materielle Mängel können als Rechtsfolge die Nichtigkeit der gesamten Satzung oder nur der einzelnen Satzungsnorm haben; dies hängt maßgeblich von der inhaltlichen Tragweite der Unternehmenssatzung ab.
Demgegenüber folgt aus einem formellen Mangel grundsätzlich die Unwirksamkeit der Satzung.
Das Kommunalunternehmen ist als juristische Person des öffentlichen Rechts dann nicht entstanden, wenn die Satzung insgesamt nichtig ist. Die Rechtsfolgen sind hierbei jedoch noch ungeklärt.
Aus welchen Organen setzt sich das Kommunalunternehmens zusammen?
Die einzigen Organe des Kommunalunternehmens sind Vorstand und Verwaltungsrat.
Prägend für die Struktur ist die Vorstandsverfassung. Die Entscheidungskompetenz liegt größtenteils beim Vorstand (Art. 90 Abs. 1 GO). Demgegenüber ist der Verwaltungsrat auf die Überwachungsfunktion sowie besonders wichtige Entscheidungen beschränkt ist (Art. 90 Abs. 2 GO).
In Anbetracht der eigenen Rechtspersönlichkeit des Kommunalunternehmens ist dieses weitestgehend selbstständig. Der Gemeinderat ist selbst kein Organ des Unternehmens, sondern nur für Grundfragen (Kompetenz für die Unternehmenssatzung, Weisungsrecht beim Erlass von Satzungen und Verordnungen) zuständig.
Daneben beschäftigt das Kommunalunternehmen natürlich eine gewisse (mitunter große) Zahl von Beamten und Arbeitnehmern.
Wie wird der Vorstand gebildet?
Die Bestellung des Vorstands erfolgt durch den Verwaltungsrat. Die Zahl der Vorstandsmitglieder wird in der Unternehmenssatzung festgelegt. Mitglieder des Vorstands können nur natürliche Personen sein.
Das Vorstandsgehalt wird nach dem allgemeinen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit festgesetzt.
Was sind die Aufgaben des Vorstands?
Der Vorstand leitet das Unternehmen in eigener Verantwortung; er ist nicht auf die Leitung laufender Geschäfte beschränkt. Ferner hat der Vorstand kraft Gesetzes die grundsätzlich unbeschränkte Vertretungsmacht für das Kommunalunternehmen; diese kann der Gemeinderat auch nicht durch Unternehmenssatzung beschränken.
Wie wird der Verwaltungsrat gebildet?
„Geborener“ Vorsitzender des Verwaltungsrats eines Kommunalunternehmens ist der erste Bürgermeister. Der Verwaltungsrat stellt somit die personelle Klammer zwischen Gemeinde und Kommunalunternehmen dar.
Die übrigens Mitarbeiter des Verwaltungsrats werden vom Gemeinderat gewählt. Der Gemeinderat muss in der Unternehmenssatzung die Anzahl der Mitglieder des Verwaltungsrats bestimmen (Art. 89 Abs. 3 S. 2 GO).
Wie lang ist die Amtszeit der Verwaltungsratsmitglieder?
Grundsätzlich beträgt die Amtszeit sechs Jahre, Art. 90 Abs. 3 Satz 3 GO.
Allerdings scheiden Gemeinderatsmitglieder aus dem Verwaltungsrat auch dann aus, wenn sie aus dem Gemeinderat ausscheiden (Satz 4). Gleiches gilt für berufsmäßige Gemeinderatsmitglieder, wenn sie aus diesem Amt ausscheiden. Damit wird praktisch eine unwiderlegliche Vermutung aufgestellt, dass diese Mitglieder nur wegen dieses anderen Amtes in den Verwaltungsrat gewählt wurden.
Allerdings läuft die Amtszeit dann automatisch solange weiter, bis Nachfolger in den Verwaltungsrat gewählt wurden, also ggf. auch über sechs Jahre hinaus.
Was sind die Aufgaben des Verwaltungsrats?
Wenngleich der Verwaltungsrat primär Kontrollorgan ist, hat dieser dennoch in wichtigen Fragen Entscheidungskompetenz.
Das Organ muss seiner Überwachungsfunktion eigenverantwortlich nachgehen; dies bedeutet, dass er einerseits die Berichts- und Informationspflicht des Vorstands überwachen muss und sich zugleich nicht mit unzureichenden Informationen seitens des Vorstands begnügen darf.